Von Hong Kong über Kempten nach Geslau? Nach vielen Jahren fern ihrer Heimat ist die Keramikkünstlerin Jutta Hedwig Schöffl samt Atelier in ihre Heimat nach Geslau zurückgekehrt. Nach der Eröffnungsfeier ihres Studios TonWerk haben wir sie besucht und wollten Näheres über ihre Beweggründe und ihre außergewöhnlichen Arbeiten erfahren.
Die Keramikmeisterin Jutta Hedwig Schöffl entdeckte in der Weltmetropole Hong Kong ihre Liebe zur Keramik. Wer ihr Atelier in Geslau besucht, betritt eine andere Welt, die es sich zu entdecken lohnt.
Foto: Julia Ploch © HEIMKOMMEN
Eine neue Künstlerin im beschaulichen Geslau in der Nähe von Rothenburg ob der Tauber? Neugierig machen wir uns auf den Weg, um Jutta Hedwig Schöffl persönlich kennen zu lernen und ihre Beweggründe zu erfahren, warum sie nach langen Jahren im In- und Ausland in ihre Heimat in der Region an der Romantischen Straße zurückgekommen ist.
An einem trüben, nebligen Wintermorgen suchen wir in Geslau nach der angegebenen Adresse. „Sie haben ihr Ziel erreicht“, sagt Google und wir sehen ein graues, großes und recht unscheinbares Industriegebäude. Wir parken im Hof und sehen sofort nach dem Aussteigen eine Treppe neben einem hell erleuchteten Schaufenster mit zwei großen Köpfen aus Keramik, die mit Blumen bepflanzt sind. Außerdem empfängt uns vor der Türe die lebensgroße Skulptur einer Frau im stilvollen weißen Kleid. Das macht schon mal Lust auf mehr. Sobald man durch die Eingangstür geht, betritt man eine andere Welt: Sofort fallen die einladenden, warmen und ruhigen Farben auf. Im großen Raum dominieren weiße und goldene Nuancen, gepaart mit schönen weißen Holzmöbeln und warmen, natürlich selbst gestalteten, Lampen. Mit dem Atelier TonWerk hat die Künstlerin ein wahres Kleinod geschaffen, in dem man sich einfach wohlfühlen muss.
Jutta Hedwig Schöffl wird 1965 im idyllischen Rothenburg ob der Tauber geboren und verbrachte ihre Kindheit in Stettberg, einem Gemeindeteil von Geslau. Nach der Scheidung der Eltern zog sie mit ihrer Mutter, einer gebürtigen Allgäuerin nach Immenstadt, wo sie ihren Mann kennenlernt. Nach der Hochzeit ziehen beide 1992 aus beruflichen Gründen für 10 Jahre nach Hong Kong, wo Jutta ihre Liebe zu keramischen Arbeiten während eines Workshops der Hong Kong University of Art wieder entdeckt. Zurück in Deutschland fängt sie eine Ausbildung zur Scheibentöpferin in Immenstadt an und besucht anschließend die Fachschule für Keramik, Gestaltung und Design, die sie erfolgreich als Keramikgestalterin & Meisterin abschließt.
Wir sehen uns interessiert in ihrem Atelier um, denn hier gibt es wahnsinnig viel zu entdecken: Einzigartige Gebrauchskeramiken, wie Tassen, Teller oder Schalen, allesamt liebevoll in weiß mit goldenen Akzenten in Form von Punkten oder Streifen gestaltet - expressive Plastiken wie die Krähenwesen, Power-Flower oder das Venus-Motiv und große Leinwände mit Kunstwerken zum Thema „Krähen“. Die Einflüsse ihrer bisherigen Wohnorte sind in ihren Werken sehr präsent: Aus ihrer Zeit in Hong Kong hat sie ihre Leidenschaft und ihre Wertschätzung der Materialien Porzellan und Steinzeug, die dort einen ganz anderen Stellenwert als in Europa genießen, erkannt und aufrechterhalten. Aus Kempten stammt das in vielen Werken präsente Thema der Krähen, die dort im Stadtbild, besonders im Stadtpark allgegenwärtig sind.
Wir erfahren, dass Jutta Hedwig Schöffl trotz der wechselnden Lebensmittelpunkte in tollen Städten wie Hong Kong und Kempten stets den Kontakt in die Heimat gehalten hat: „Meine Familie lebt hier in der Gegend. Wenn ich, egal wo ich auf der Welt, von „Zuhause“ gesprochen habe, habe ich immer diese Region und meine Familie gemeint. Früher habe ich nie gedacht, dass ich „heimatverwurzelt“ bin, aber als ich im Ausland war und als junger Mensch andere Kulturen kennengelernt habe, habe ich gemerkt, wie sehr ich die Menschen und ihre Ehrlichkeit hier schätze.
"Die Menschen hier sind einfach, wie sie sind. Viele Menschen wollen etwas sein, was sie nicht sind. Ich hatte keine Lust mehr auf diese Scheinwelt und genieße es einfach, wenn ich Menschen um mich herum habe, bei denen ich nicht jedes Wort auf die Waagschale legen muss, wo ich akzeptiert werde wie ich bin. Als junger Mensch lässt man sich leicht blenden, das ging mir genauso, aber mittlerweile sind mir andere Werte einfach wichtiger und das kann man auf dem Land viel offener und freier leben.“
Gerade diese Ehrlichkeit vermisst sie an ihren anderen Wohnorten oft. Irgendwann schlägt ihr Mann, von ihr liebevoll „Weltenbummler“ genannt, vor zurück zu den Wurzeln seiner Frau zu ziehen. Trotz aller Freude über das Angebot kommen schnell Bedenken, denn Jutta Hedwig Schöffl möchte ihren Mann auf keinen Fall einschränken. Nach mehreren Gesprächen sind alle Zweifel aus der Welt geschafft, denn genau das Gegenteil ist für beide der Fall: In einer globalisierten Welt kann ein Leben auf dem Land auch ein Zugewinn an Raum und Platz und so eine Bereicherung anstatt einer Einschränkung sein. Gerade in Zeiten von Corona wurde mir bewusst wie wichtig ein schönes Zuhause sowie die Familie sind. Die Globalisierung und das Internet machen es möglich, dass auch ein Studio auf dem Land nicht den Kontakt zur Außenwelt verliert. Dank diverser Internet-Plattformen und Ausstellungen in Galerien habe ich Kunden in der ganzen Welt gewonnen, zum Beispiel in China, in den USA, in Schweden, Österreich... . Ein großer Teil meiner Aufträge geht über das Netz, jedoch darf ich die wichtige und großartige Unterstützung und das Interesse der Einheimischen an meinen Arbeiten und Kursen nicht unerwähnt lassen. Die Digitalisierung bietet uns Künstlern unendlich viele Möglichkeiten ein großes Spektrum an Kunstinteressierten zu erreichen.“
Nach anfänglichen Schwierigkeiten, die passende Immobilie zu finden, spricht Frau Schöffl den Bürgermeister von Geslau, Herrn Richard Strauß einfach persönlich an. Er vermittelt ihr die kostengünstigen Räumlichkeiten in einem ehemaligen Industriegebäude mitten im Ort. „Ich freue mich wirklich sehr, dass das geklappt hat. Für mich war das wirklich ein Heimkommen.“ Die Eröffnung Mitte Oktober war ein voller Erfolg. „Über 200 Leute waren da, viel mehr als ich eigentlich erwartet habe“, freut sich die Künstlerin. „Ich kann nur für mich sprechen aber man fühlt sich hier aufgenommen und willkommen! Ich bin überrascht, dass ich hier so akzeptiert werde.“ Auch nach der Eröffnung schauen immer wieder neue Leute in ihrem Atelier vorbei und interessieren sich für die ausgefallenen Werke und deren Entstehung. Als weiteres Standbein bietet sie deswegen in ihren Räumlichkeiten in Geslau Einzelkurse, Gruppenkurse und Themenabende für Kunstinteressierte an. Unter ihrer professionellen Anleitung wird die Möglichkeit geboten, die Grundlagen zu erlernen oder vorhandenes Wissen auszubauen. „Kreativität, Spaß und Freude finden in meinem Atelier Platz und Raum. Jeder wird bei seinem Wissensstand abgeholt und in die Materie des plastischen Formens eingeführt oder weitergeführt“, betont Jutta Hedwig Schöffl.
Auch in ihrer Freizeit genießt sie die Vorzüge des Landlebens: „Was ich besonders schön hier finde, sind die Laubwälder. Ich habe es schon immer geliebt durch die Laubwälder zu laufen. Selbst jetzt, zu dieser Jahreszeit, ist es einfach ein Traum. Ich fotografiere viel und dieses Licht kombiniert mit dem Nebel, das sind ganz ausdrucksstarke Bilder. Ich würde es jedem nahelegen, aufs Land zu ziehen. Freiraum, Platz und die große Akzeptanz und Toleranz geben einem so viel, viel mehr als eine Stadt geben kann. Wenn ich hier spazieren gehe, allein die Kraft, die ich hier bekomme und die Ruhe, die ich tanken kann, das ist unbezahlbar. Ich bin Künstlerin, ich brauche Ruhe und die Möglichkeit runter zu fahren um Platz für neue Ideen zu bekommen.“
Wir haben an diesem Tag eine inspirierende Künstlerin kennengelernt, die mit ihren Kunstwerken eine große Bereicherung für die Region an der Romantischen Straße darstellt. Wir können einen Besuch im Atelier TonWerk in Geslau jedem empfehlen und wer weiß, vielleicht findest du in unserem Newsblog schon bald einen Artikel über einen der kreativen Kurse von Frau Schöffl?
Weitere Informationen und Neuigkeiten zur Erfolgsgeschichte von Frau Schöffl und ihren Arbeiten sowie zum Atelier TonWerk findest Du unter: