Wer im Fränkischen Museum in Feuchtwangen derzeit durch die Räume schlendert, betritt eine Welt, die auf den ersten Blick vertraut wirkt – und doch überrascht. Unter dem Titel »Horst Haitzinger: Märchen in politischen Karikaturen – von Aschenputtel bis Zwerg Nase« zeigt das Museum vom 14. Oktober bis 23. November 2025 eine Sonderausstellung, die bekannte Märchenmotive mit aktueller Gesellschafts- und Politik-Kritik verbindet. Die 28 gezeigten Werke stammen vom bekannten Karikaturisten Horst Haitzinger, dessen spitze Feder und feiner Humor seit Jahrzehnten zu den prägnantesten Stimmen der deutschen Satire zählen.
Horst Haitzinger, 1939 in Österreich geboren, gehört seit den 1960er-Jahren zu den bekanntesten politischen Zeichnern im deutschsprachigen Raum. Generationen von Zeitungsleserinnen und -lesern kennen seine Karikaturen aus der Tagespresse – treffsicher, witzig und oft mit einer Portion Nachdenklichkeit versehen. Haitzinger versteht es, komplexe politische Themen auf einen Blick verständlich zu machen, ohne dabei belehrend zu wirken. Seine Werke sind nicht nur Momentaufnahmen, sondern kleine Zeitdokumente, die zeigen, wie sich Themen wie Umwelt, Macht oder gesellschaftlicher Wandel über Jahrzehnte wiederholen.
In Feuchtwangen widmet er sich nun den Märchenfiguren aus der Kindheit – Dornröschen, Hänsel und Gretel, der Froschkönig oder der Wolf und die sieben Geißlein tauchen in neuen Rollen auf: als Politikerinnen, Manager, Umweltaktivisten oder Wählerinnen. Auch Figuren wie die kleine Meerjungfrau von Hans Christian Andersen oder Goethes Erlkönig haben ihren Platz in dieser Karikaturenwelt gefunden. Haitzinger spielt dabei mit Symbolen und Metaphern, bringt die Märchen in unsere Gegenwart – und zeigt, dass die Konflikte von damals gar nicht so weit von heutigen gesellschaftlichen Problemen entfernt sind.
Die ausgestellten Bilder stammen aus den Jahren 1979 bis 2019 und spannen so einen beeindruckenden Bogen über vier Jahrzehnte politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen. Sie greifen Themen auf, die die Menschen über Generationen beschäftigt haben: von Helmut Kohl und der deutschen Wiedervereinigung über die Öffnung der Mauer in der DDR, bis hin zu Ernst August von Hannover, der als Welfenprinz durch seine Eskapaden Schlagzeilen machte. Auch internationale Politik findet ihren Platz – etwa mit US-Präsident Donald Trump, der in Haitzingers Märchenwelt ebenso seinen ironischen Auftritt hat. So entsteht ein farbenreiches Panorama, das Politik und Zeitgeschichte mit einer guten Portion Märchenhumor verbindet.
Neben den bekannten Tuschezeichnungen und Aquarellen sind in der Ausstellung auch großformatige Ölgemälde zu sehen, die eine andere, ruhigere Seite des Künstlers zeigen. Zu jedem der 24 Bilder gibt es kurze Begleittexte mit Jahrgang und Hintergrundinformationen. Wer tiefer eintauchen möchte, kann am Eingang das Begleitbuch »Von Aschenputtel bis Zwerg Nase« ausleihen oder kaufen. Es enthält weitere Arbeiten und Gedanken des Künstlers und kostet 19 Euro.
Haitzinger selbst sieht sich nicht als Provokateur, sondern als Beobachter. Er will nicht verletzen, sondern aufrütteln – mit Ironie, Nachdenklichkeit und einer Portion Menschenfreundlichkeit. Seine Werke sind scharf, aber nie zynisch. So wird selbst aus einem Märchenmotiv eine kleine Lehrstunde in Sachen Gesellschaft und Demokratie.
Die Ausstellung im Fränkischen Museum ist kein schneller Museumsbesuch für zwischendurch. Wer sich die Zeit nimmt, genauer hinzuschauen, entdeckt in den Bildern immer neue Details und Bezüge – und vielleicht auch ein Stück eigene Kindheit, das sich in der Erwachsenenwelt wiederfindet. Haitzingers Märchenkarikaturen zeigen: Politik kann humorvoll sein, Satire kann zum Denken anregen, und Märchen können aktueller sein, als man glaubt.








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